Mehr Sicherheit dank Poller: Trier macht nach Amokfahrt die Schotten dicht

Trier Der Startschuss für das urbane Sicherheitskonzept für die Trierer Innenstadt ist gefallen. Amokfahrten wie am 1. Dezember 2020 und Anschläge mit Fahrzeugen sollen damit verhindert werden. Es gibt eine Parallele zum Schiffsbau.

In der Liebfrauenstraße, unmittelbar vor dem Bischofspalais, wird der erste Hochsicherheitspoller für die Trierer Innenstadt gebaut. Foto: Rainer Neubert

Die Amokfahrt am 1. Dezember 2020 war eine der dunkelsten Stunden der Stadt Trier. Mit bis zu 81 Kilometern pro Stunde raste der 51-jährige mutmaßliche Täter mit seinem SUV durch die Fußgängerzone und tötete dabei fünf Menschen, viele Passanten wurden verletzt und traumatisiert. Damit eine ähnliche Tat in der Innenstadt zuverlässig verhindert werden kann, realisiert die Stadt mit finanzieller Unterstützung von Land und Bund das urbane Sicherheitskonzept. Start für den Bau der insgesamt 40 Pollerlinien und Sperren war am Montag. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz überreichte Oberbürgermeister Wolfram Leibe in der Liebfrauenstraße den Förderbescheid über 675 000 Euro. Das entspricht 90 Prozent der förderfähigen Kosten für den ersten Bauabschnitt, dem Domfreihof.

„Wir wollen, dass die Menschen weiterhin sicher in der Stadt unterwegs sein können“, betonte Le­wentz. „Wir können keine absolute Sicherheit versprechen“, machte er auch mit Blick auf Messerattacken wie in Würzburg deutlich. „Aber das ist ein wichtiger Baustein.“ Das urbane Sicherheitskonzept in Trier sei ein Mittelweg, der große Sicherheit bringe und gleichzeitig die Erreichbarkeit der Innenstadt ermögliche.

Das Konzept Ein Pollerkonzept für Trier gab es bereits vor der Amokfahrt. Doch wegen der hohen Kosten sollte es lediglich den Lieferverkehr in der Fußgängerzone regulieren. Das wurde dank der schnellen Förderzusage durch das Land nach der blutigen Tat überarbeitet und zum urbanen Sicherheitskonzept erweitert. Die Trierer Innenstadt wird dabei in zehn Zonen aufgeteilt, die sich individuell sperren lassen. Dazu sind bei 24 der insgesamt 40 Pollerlinien jeweils zwei der 30 Zentimeter dicken und 1,1 Meter hohen Poller versenkbar. Einfahrt und Ausfahrt zu der erlaubten Lieferzeit (6 bis 11 Uhr) in die Fußgängerzone werden mit Einbahnstraßensystem neu geregelt. Damit das auch in der Neu­­straße funktioniert, wird dort die Fahrtrichtung umgekehrt. Baudezernent Andreas Ludwig verglich die Anordnung der Poller mit dem Sicherheitssystem großer Schiffe. „Wir können bei Bedarf Schott für Schott dicht machen.“

Das System Es werden Pollerlinien eingebaut, die auch zwölf Tonnen schwere LKW aufhalten, die Tempo 80 fahren. Wie beeindruckend das gelingt, zeigte ein Mitarbeiter der beauftragten Firma Zabag (Grünhainichen/Sachsen) bei der Pressekonferenz am Montagmorgen anhand von Videos. Die mobilen Poller erhalten dafür einen zwei Meter tiefen Unterbau, Die starren Elemente werden auf einer massiven Platte in die Straßen eingebaut. Referenzen dafür kann das Unternehmen aus dem Siebengebirge und Berlin und Bonn nachweisen. Projekte gibt es auch in Minden und München.

Polizei und Rettungsdienste haben auch in Zukunft jederzeit die Möglichkeit, an allen mobilen Pollern ein- und auszufahren. Die Fahrzeuge erhalten dafür einen Code an der Windschutzscheibe, die automatisch abgelesen wird. Anwohner einer Sicherheitszone, Veranstalter und Autofahrer mit Sonderberechtigung können sich per Zahlencode und hinterlegter Telefonnummer Zufahrt verschaffen.

Kosten und Zeitplan Die Gesamtkosten für alle zehn Zonen werden auf 6,6 Millionen Euro geschätzt. Diese teilen sich auf in 4,5 Millionen Euro für die Blockade-Elemente, 1,5 Millionen für Tiefbauarbeiten und 600 000 Euro für Ingenieurleistungen. Die ersten Pollerlinien in der Liebfrauenstraße (mobil) und der Straße Sieh um Dich (starr) sollen bis zum Start des Weihnachtsmarkts Ende November fertig sein. 2022 sollen Hauptmarkt (Zone 2) und Fleischstraße (Zone 10) folgen. Geschätzte Kosten dafür: 1,8 Millionen Euro. Im Jahr 2023 sind laut Planung Simeonstraße (Zone 1), Bischof Stein-Platz (Zone 4) und Viehmarkt (Zone 9) an der Reihe, für 2,03 Millionen Euro. 2024 stehen schließlich Palaststraße (Zone 5), Kornmarkt (Zone 6) und Neustraße (Zonen 7 und 8) für 2,02 Millionen Euro auf dem Programm.

„Wir hätten die Tat vom 1. Dezember damals nicht verhindern können“, ist Oberbürgermeister Leibe überzeugt. „Wir wollen den Menschen in Trier nun das Sicherheitsgefühl wiedergeben.“ Der aufwendige Einbau der Poller störe aber natürlich die normalen Abläufe in der Innenstadt. Sein Versprechen: „Wir müssen die Menschen mitnehmen und frühzeitig über die Abläufe informieren.“

INFO

Zahlen und Fakten  zum Pollerkonzept

Um mehr Sicherheit für die Innenstadt zu gewährleisten und den Lieferverkehr besser zu steuern, werden Zu- und Abfahrt an insgesamt 40 Stellen reguliert (24 versenkbare, 11 feststehende und 5 demontierbare Pollerlinien).

Investitionsvolumen: 6,6 Millionen Euro; erster Bauabschnitt: 750 000 Euro. Förderung aus dem Städtebauprogramm von Land und Bund: 90 Prozent.

Insgesamt zehn Sicherheitszonen können individuell gesperrt werden. Anwohner, Polizei, Rettungskräfte und angemeldete Veranstalter erhalten Zufahrtsberechtigungen. Die Lieferzeit in die Fußgängerzone wird auf den Vormittag (6 bis 11 Uhr) beschränkt.

Geplante Fertigstellung: 2024.

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